Ursprung und Bedeutung der Deutschen Rentenversicherung
Die Deutsche Rentenversicherung ist eine der wichtigsten Säulen des deutschen Sozialversicherungssystems. Sie sichert nicht nur Arbeitnehmer:innen, sondern auch Selbstständige und freiwillig Versicherte mit vielerlei Leistungen ab und vereinigt unter dem Namen Deutsche Rentenversicherung insgesamt 16 Träger wie die Deutsche Rentenversicherung Bund, 14 regionale Rentenversicherungsträger und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Um die flächendeckende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, arbeiten diese Organisationen eng zusammen.
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Geschichte
Der Startschuss für die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland unter Otto von Bismarck fiel im Jahr 1889 mit dem „Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung“. Bereits sechs Jahre vorher wurde die gesetzliche Krankenversicherung gegründet und fünf Jahre vorher die Unfallversicherung. Es war ein bescheidenes soziales Netz, das der Reichskanzler geknüpft hatte – aber es war vorbildlich in Europa. Die Beitragszahler, also Versicherte und Arbeitgeber:innen, regierten auch damals schon ihren Rentenversicherer selbst. Dieses Prinzip der demokratischen Selbstverwaltung funktioniert bis heute in der gesamten deutschen Sozialversicherung und ist in dieser Form einzigartig. Beginnend mit 126.4001 Altersrenten im Jahr 1891, lag die Anzahl der bezogenen Altersrenten im Dezember 2022 bei 18,582 Millionen.
Leistungen
Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten, berücksichtigt dabei Kindererziehung (sogenannte Mütterrente) und ist Reha-Träger3. Ein Anspruch auf Leistungen aus der Rentenversicherung liegt allerdings erst vor, wenn die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt ist.
1. Altersrente, deren Höhe sich nach den gezahlten Beiträgen und der Dauer der Versicherungszeit richtet.
2. Erwerbsminderungsrente wird gewährt, wenn Versicherte aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr oder nur noch teilweise arbeiten können.
3. Hinterbliebenenrente in Form von Witwen-, Witwer- und Waisenrente, die an Hinterbliebene gezahlt wird, um finanzielle Härten nach dem Tod von Versicherten abzumildern.
4. Grundrente für Versicherte, die jahrzehntelang mit einem unterdurchschnittlichen Verdienst gearbeitet und verpflichtend Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, sie können eine höhere Rente erhalten.
5. Mütterrente für Kindererziehungszeiten (maximal zweieinhalb Jahre) für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern.
6. Leistungen zur Teilhabe in den Bereichen Prävention, Rehabilitation und Teilhabe.
Finanzierung
Die Finanzierung des Rentensystems beruht auf dem Umlageverfahren, das bedeutet die Ausgaben der Rentenversicherung werden aus den aktuellen Einnahmen bestritten. Auf diese Weise sorgt die jeweils arbeitende Generation solidarisch für die Renten ihrer Eltern- und Großelterngeneration. Deshalb ist im Grundsatz die Zahl der Beitragszahlenden und die Höhe der von ihnen versicherten Einkommen ausschlaggebend dafür, wie viel Geld durch Beitragseinnahmen in das Rentensystem fließt. Die Beiträge zur Rentenversicherung für versicherungspflichtige Arbeitnehmer:innen werden von ihnen und ihren Arbeitgeber:innen grundsätzlich paritätisch getragen. Der Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung erreichte 1997/98 mit 20,3%4 seinen Höchstwert und liegt aktuell bei 18,6%.
Die Beitragseinnahmen der Rentenversicherung lagen im Jahr 2022 bei 275,622 Mrd. Euro. Da die Rentenversicherung jedoch auch eine Reihe von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben erfüllt, reichen die Beitragseinnahmen zur Ausgabenfinanzierung allein nicht aus. Deshalb kommen erhebliche Mittel aus dem Bundeshaushalt hinzu, mit denen der Bund letztlich die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung garantiert. Im Jahr 2022 beliefen sich die kumulierten Bundeszuschüsse auf insgesamt 86,212 Mrd. Euro, was einem Anteil von etwas über 23% der Gesamteinnahmen der Rentenversicherung entspricht. Die Rentenausgaben lagen im Jahr 2022 bei 322,702 Mrd. Euro, die Beiträge und Zuschüsse zur Krankenversicherung der Rentner:innen bei 25,042 Mrd. Euro und Leistungen zur Teilhabe bei 6,802 Mrd. Euro.
Entgeltpunkte
Formel: Persönliches Bruttoeinkommen : Durchschnittseinkommen = Entgeltpunkt
Die Entgeltpunkte für die Altersrente werden jährlich neu berechnet und variieren durch das persönliche Bruttoeinkommen sowie das Durchschnittseinkommen. Im Laufe des Arbeitslebens sammeln sich somit entsprechend viele unterschiedlich hohe Entgeltpunkte an.
Wenn das persönliche Bruttoeinkommen im Jahr 2023 z.B. 40.000 EUR und das Durchschnittseinkommen 40.000 EUR betrug, wird genau ein Entgeltpunkt gutgeschrieben. Bei einem persönlichen Bruttoeinkommen von 80.000 EUR ergeben sich zwei Entgeltpunkte und bei einem persönlichen Bruttoeinkommen von 20.000 EUR sind es 0,5 Entgeltpunkte. Bleibt im Folgejahr das persönliche Bruttoeinkommen mit 40.000 EUR identisch und steigt das Durchschnittseinkommen auf 40.500 EUR, werden für 2024 somit 0,9877 Entgeltpunkte gutgeschrieben.
Addiert man anschließend die Entgeltpunkte des gesamten Arbeitslebens und multipliziert diese mit dem Zugangsfaktor (Alter bei Renteneintritt), so ergeben sich die persönlichen Entgeltpunkte, die für die Rentenformel benötigt werden. Die präzise Ermittlung der Entgeltpunkte soll auf eine transparente Art sicherstellen, dass die Rentenansprüche auf Basis des tatsächlich erzielten Einkommens und jeweiliger Lebensumstände berechnet werden. Auch Zeiten der Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Arbeitslosigkeit und Studium können unter bestimmten Voraussetzungen zu Entgeltpunkten führen.
Rentenformel
Persönliche Entgeltpunkte * Rentenartfaktor * aktueller Rentenwert = Rente pro Monat
Bei der gesetzlichen Rentenversicherung richtet sich die Höhe der persönlichen Rente in erster Linie nach der Anzahl der Beitragsjahre und der Höhe der versicherten Arbeitsentgelte.
Das Rentenniveau liegt aktuell bei mindestens 48%5. Die alternde Bevölkerung und die steigende Lebenserwartung stellen das Rentensystem jedoch weiterhin vor finanzielle Herausforderungen. Immer weniger Beitragszahler:innen müssen für eine wachsende Zahl von Rentner:innen aufkommen und die sinkende Geburtenrate führt langfristig weiter zu einer Verringerung der Beitragszahler:innen, was die finanzielle Stabilität der Rentenversicherung weiter unter Druck setzt.
Auch die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes mit zunehmender Teilzeitarbeit, befristeten Arbeitsverhältnissen und die Zunahme von Solo-Selbstständigen erfordern Anpassungen im Rentensystem, um auch diesen Personengruppen eine ausreichende Absicherung zu gewährleisten.
Es gilt also ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem angemessenen Rentenniveau und der Stabilität der Beitragssätze zu finden, um sowohl Rentner:innen als auch Beitragszahler:innen gerecht zu behandeln.
Fazit
Die Deutsche Rentenversicherung ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Sozialversicherungssystems und sichert Millionen Menschen im Alter, bei Erwerbsminderung und im Todesfall finanziell ab. Um jedoch auch in Zukunft eine verlässliche Absicherung zu gewährleisten, sind kontinuierliche Reformen und Anpassungen notwendig.
Die deutsche Gesellschaft und Politik stehen in der Verantwortung, dieses wichtige, solidarische System auch für kommende Generationen zu erhalten und zu stärken.
Britta Hennekes
Zur Person
- Partnerin bei fairvendo GmbH
- Finanzanlagenfachfrau IHK und Fachfrau für Versicherungsvermittlung IHK
- Fachberaterin für nachhaltiges Versicherungswesen©
- Gründerin von FEMSOVEREIGN gemeinnützige UG
(haftungsbeschränkt)
Schwerpunkte
- nachhaltige Altersvorsorge
- Familienabsicherung
Literaturverzeichnis
1 Deutsche Rentenversicherung: Die Geschichte der Deutschen Rentenversicherung, URL: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Ueber-uns-und-Presse/Historie/historie_detailseite.html, Stand: 07. August 2024.
2 Statistik der Deutschen Rentenversicherung: Rentenversicherung in Zahlen 2023, URL: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken-und-Berichte/statistikpublikationen/rv_in_zahlen.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Stand: 23. Juni 2023.
3 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, URL, URL: https://www.bmas.de/DE/Soziales/Rente-und-Altersvorsorge/Leistungen-Gesetzliche-Rentenversicherung/leistungen-der-gesetzlichen-rentenversicherung.html, Stand: 07. August 2024.
4 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Finanzierung der Gesetzlichen Rentenversicherung, URL: https://www.bmas.de/DE/Soziales/Rente-und-Altersvorsorge/Gesetzliche-Rentenversicherung/Finanzierung-Gesetzliche-Rentenversicherung/finanzierung-der-gesetzlichen-rentenversicherung.html, Stand: 29. Januar 2019.
5 Deutsche Rentenversicherung: Wie weit kann das Rentenniveau in Zukunft sinken?, URL: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/Wissenswertes-zur-Rente/FAQs/Rente/Rentenniveau/Rentenniveau_Liste.html, Stand: 07. August 2024.