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Teilzeit- vs. Vollzeittätigkeit

Eine Teilzeit­tätigkeit ermöglicht viel Flexibilität und Freiraum für andere Aktivitäten, in Hinblick auf die eigene finanzielle Situation kann sie allerdings negative Folgen haben.

Arbeitsmarktsituation

Die Erwerbs­tätigkeits­quote der Frauen ist in den letzten Jahren signifikant gestiegen, nichts­desto­trotz sichert aber nur ein ausreichend hohes Erwerbs­einkommen auch eine entsprechende Alters­rente.

Gestiegen in den letzten Jahren ist vor allem die Quote der weiblichen Teilzeit­beschäftigten, während die Vollzeit­quote nahezu gleich geblieben ist.

Teilzeit­beschäftigung resultiert häufig daraus, dass in der Mehr­zahl Frauen in Teilzeit gehen, um Care­arbeit zu leisten. Für Erziehungs­zeiten werden zwar Renten­punkte gewährt, allerdings nur in Höhe des Durchschnitts­verdienstes aller gesetzlich Versicherten. Übernimmt der Mann die Elternzeit, muss er aktiv werden, ansonsten werden diese automatisch der Mutter zu­ge­­schrie­ben.

Der nächste Knick in der Erwerbs­biografie kommt dann häufig, wenn die Eltern oder Schwieger­eltern pflege­bedürftig werden. Da wir immer später Kinder bekommen, fallen manch­mal die Kinder­erzieh­ungs­phase und die Pflege von anderen Ange­hörigen sogar zusammen. Außerdem kann es passieren, dass wir für unsere Eltern unter­halts­pflichtig werden, wenn ihr eigenes Einkommen im Alter nicht reicht.

Frauen sind zudem über­wiegend in prekären Beschäftigungs­verhältnissen tätig oder arbeiten in nicht sozial­versicherungs­pflichtigen Jobs (also sog. Minijobs). Minijobs sind eine klare Frauen­domäne. 2/3 der Beschäftigten in diesem Bereich sind Frauen. Minijobs sind vor allem problematisch, wenn sie der einzige Job sind und nicht nur als Zu­ver­dienst neben dem Studium oder dem Haupt­job genutzt werden. Mit einem Minijob werden kaum bis keine Renten­­an­sprüche erworben. 20 Jahre Minijob bringen ca. 86 € Rente. Man kann zwar ca. 3% vom Lohn abführen, aber davon macht gerade mal jeder Fünfte Gebrauch. Ein Minijob bietet zudem häufig nur wenige Chancen zur Weiter­qualifizierung, es sind oft nur einfache Tätig­keiten. Ent­sprechend schwer kann der Über­gang in eine andere Beschäftigung sein.

Nicht nur die grund­sätzliche Erwerbs­tätigkeit ist für die Rente wichtig, entscheidend ist natürlich auch die Höhe des Ein­kommens. Laut einer Studie des BMFSFJ aus dem Jahr 2015 verdienen nur 10% der Frauen zwischen 30 und 50 mehr als 2.000 € netto. 42% der Männer verdienen mehr als 2.000 €.1

Noch immer lässt sich zudem in vielen Berufen eine Lohn­lücke zeigen.

Gender Pay Gap

Die Gender Pay Gap (GPG) beschreibt die geschlechts­spezifische Lohn­lücke, das heißt: den prozentualen Unterschied im durch­schnitt­lichen Brutto­stunden­verdienst von Männern und Frauen. Das Statistische Bundesamt hat ausgerechnet: Der Brutto­stunden­lohn einer Frau betrug im Jahr 2019 17,72 €, während Männer auf 22,16 € kamen. Damit lag die Lohn­lücke in Deutschland bei 20%.2

Je nach Datensatz kommen wir zu unter­schied­lichen Ausmaßen der Lohn­lücke. Die bereinigte Lohn­lücke berück­sichtigt zum Beispiel auch strukturelle Unter­schiede (Berufs­wahl, Beschäftigungs­um­fang, Bildungs­stand, Berufs­erfahrung, Frauen in Führung). Eine kürzlich veröffentlichte Studie berechnete eine Lohn­lücke in Höhe von 7,48%.3

Fazit ist also: Frauen arbeiten häufig zu kurz und verdienen zu wenig.

Ehegattensplitting

Das Steuerrecht belohnt durch das Ehe­gatten­splitting, wenn die Person mit dem geringeren Ein­kommen zu Hause bleibt. Je mehr das Ein­kommen aus­einander­geht, umso höher ist die Steuer­ersparnis.

Das führt nach­vollzieh­barer­weise dazu, dass die Aufteilung der Arbeitszeit häufig entsprechend ausgestaltet wird. Das ist völlig verständlich. Man möchte das Best­mögliche an Ein­kommen erzielen. Werden die ungleichen Ein­kommen aber nicht durch private Vorsorge ausgeglichen, hat die Frau im Alter eine ent­sprechend niedrigere Rente.

Alters­armut betrifft interessanter­weise vor allem verheiratete Frauen. Auch die Renten­punkte des Ehe­manns reichen nicht aus, um die Lücke aus­zu­gleichen.

Unterhaltsrecht

Jede dritte Ehe wird geschieden. Zudem kann nicht nur eine Trennung, sondern auch ein Schicksals­schlag eine Ehe beenden. Seitdem das Unterhalts­recht 2008 stark reformiert wurde, ist der Unterhalt nach einer Scheidung stark begrenzt. Die Möglich­keit eines grund­sätz­lichen lebens­langen Ver­sor­gungs­­unter­halts gibt es nicht mehr. Egal, wie lange die Ehe Bestand hatte und ob es Kinder gibt oder nicht: Alle Ehen werden gleich behandelt.

Probleme bereitet dies vor allem Menschen, die viele Jahre verheiratet waren und aus dem Beruf ausgestiegen sind. Meistens sind dies die Frauen. Nach der langen Pause fällt der beruf­liche Wieder­einstieg schwer, gleichzeitig sind sie darauf angewiesen, schnell Arbeit finden, um ihren Lebens­unterhalt zu sichern, denn Unterhalt wird nur kurze Zeit gezahlt.

Vorherrschende Geschlechterrollen

Jede Entscheidung in einer Partner­schaft wird dabei auch von den politischen Rahmen­bedingungen beeinflusst. Beispiele hierfür sind die Fragen, wer von den Eltern wie lange Eltern­zeit nimmt oder wie Care­arbeit in der Beziehung aufgeteilt wird.

Die aktuellen politischen Rahmen­bedingungen forcieren noch allzu häufig ein traditionelles Geschlechter- und Rollenbild. Das sieht man zum Beispiel an den eben bereits erwähnten Minijobs, aber auch am Beispiel das Ehe­gatten­splitting oder den Regelungen zum Unterhalts­recht.

Private Entscheidungen werden oft von vor­herrschenden Geschlechter­rollen beeinflusst. Es ist zum Beispiel oft selbst­verständlich, dass die Mutter den längeren Teil der Eltern­zeit zu Hause bleibt. Hier sind wir alle gefordert, eigene und ggf. neue Wege zu entwickeln und bisherige Rollen­vorbilder zu hinter­fragen.

Fazit

Da sich die gesetzliche Rente daran orientiert, wie viel und wie lange man Beiträge eingezahlt hat, kann eine Teil­zeit­tätig­keit folgen­reich sein. Laut der Deutschen Renten­versicherung lag die durch­schnittliche gesetzliche Rente einer Frau 2018 bei 991 € im Monat, die Männer hingegen kamen auf 1.362 €.4

Es ist also wichtig, sich mit den Konsequenzen einer Teil­zeit­tätig­keit aus­einander­zu­setzen und zu überlegen, inwiefern diese Lücke aus­geglichen werden kann.

femsovereign, Dr. Sally Peters

Dr. Sally Peters

Zur Person

  • geschäftsführende Direktorin beim institut für finanzdienstleistungen e. V. (iff)
  • Studium der Sozialen Arbeit an der HAW Hamburg
  • 2018 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Hamburg
  • mehrjährige Erfahrung als Schuldnerberaterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin

Schwerpunkte

  • finanzielle Allgemeinbildung
  • Überschuldung

1 BMFSFJ (2016)
2 Destatis (Hrsg.) (16. März 2020)
3 Gehalt.de (2020)
4 Deutsche Rentenversicherung (Hrsg.) (2020), S. 12

Literaturverzeichnis

BMFSFJ (2016): Mitten im Leben. Wünsche und Lebenswirklichkeiten von Frauen zwischen 30 und 50 Jahren, URL: https://www.bmfsfj.de/blob/94354/4c4555e44cdd10f2b6654df80c982c29/mitten-im-leben-wuensche-und-lebenswirklichkeiten-von-frauen-zwischen-30-und-50-jahren-data.pdf, Stand: 02. Januar 2020.

Destatis (Hrsg.) (16. März 2020): Gender Pay Gap 2019: Frauen verdienten 20% weniger als Männer. Verdienstunterschied bei 4,44 € brutto pro Stunde.

Deutsche Rentenversicherung (Hrsg.) (2020): Rentenatlas 2019. Die Deutsche Rentenversicherung in Zahlen, Fakten und Trends, URL: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Statistiken-und-Berichte/Rentenatlas/2019/rentenatlas_2019_download.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Stand: 09. Juni 2020.

Gehalt.de (2020): 2020 Equal Pay Studie, Hamburg, URL: https://cdn.gehalt.de/cms/equal-pay-studie-2020.pdf, Stand: 10. Juni 2020.